3.Teil
Das Schicksal und Ende des Schlosses Friedewald
wäre endgültig besiegelt gewesen, wenn in diesem kritischen
Zeitpunkt nicht ein später Nachfahre des alten
Sayn-Wittgensteinischen Geschlechts aufgetaucht wäre, der sich
der ruhmreichen Geschichte und Tradition seiner Familie verbunden
und verpflichtet fühlte und es als Kunstkenner und Kunstsammler
in die Hand nahm, dem Schloß seinen alten Glanz wiederzugeben.
Im Jahre 1886 erwarb Fürst Alexander zu
Sayn-Wittgenstein-Sayn das Schloß für ganze 5 Taler, allerdings
mit der Auflage, es wieder aufzubauen. Unter großen Mühen und
mit viel Kunstsinn trug er wieder zusammen, was in langen
vergangenen Jahren gewaltsam entfernt worden war. So entdeckte er
z.B. einen schönen Gesimsstreifen als Treppenstufe vor einem
Haus, ein Halbkugelzierat war in die Umfassungsmauer eines
Dunghaufens eingebaut worden, und in der Pflasterung eines
Kuhstalles stöberte er ein korinthisches Säulenkapitell auf.
1895 war die Restaurierung beendet. Am 1.Mai
dieses Jahres zog der Wiedererbauer unter großer Beteiligung der
ganzen Dorfgemeinde ein. Ein wahres Volksfest wurde veranstaltet.
Aber sein übergroßer, wenn auch edler Enthusiasmus hatte ihn
stark verschuldet, was ihn zur Veräußerung des Schlosses zwang.
Im Jahre 1912 ging das Besitztum an Prinz Otto von
Sayn-Wittgenstein-Berleburg über, der kurz vor dem ersten
Weltkrieg weitere große Nebengebäude errichten ließ, zu denen
das sogenannte Oberförster-Haus und die Gebäude um den
äußeren Schloßhof gehören.
Die Vorderfront und die beiden Schmalseiten des
Herrenhauses waren mit einem Graben umgeben, der durch eine
eigens hierfür geschaffene Wasserleitung unter Wasser gesetzt
werden konnte. Sie wurde aus einer Quelle gespeist, die auf dem
Roten Berg, auf welchen sich heute der Friedhof befindet, lag.
Die über eine Treppe zugängliche Zugbrücke führte in den
Haupteingang. Diese Zugbrücke hatte sich bis ins letzte
Jahrhundert erhalten.
An Sehenswürdigkeiten fällt im Rittersaal ein
Standbild Graf Heinrichs III. zu Sayn (1206 bis 1246), des
sogenannten " langen Heinrichs", auf.
Er war siebeneinhalb Fuß groß und verfügte
über kolossale Körperkräfte. Das er Stark gewesen sein muß,
bezeugt sein sich ebenfalls im Rittersaal befindliches
Schlachtschwert, ein Zweihänder, das 28 Pfund wiegt. Das aus
einem Eichenstamm geschnitzte Original des Standbildes ist heute
eine kostbare Sehenswürdigkeit des Germanischen Museums in
Nürnberg. Es ist ein Teil des Grabmales Heinrichs III., der in
der Abtei zu Sayn beigesetzt wurde.
An die Person Heinrichs III. knüpfen sich
zahlreiche Legenden. Die eine spricht davon, daß ihm wegen
Ehebruchs nach damaligen Recht die rechte Hand abgehackt wurde.
Eine andere besagt, er habe sich die Hand aus Reue selbst
abgehackt, weil er seinen einzigen Sohn bei der Rückkehr von
einem Kreuzzug ( dem fünften) mit seiner Hand den Schädel
eingedrückt habe, als er ihn in seiner Freude - am Kopfe packend
- mit in den Sattel seines Pferdes heben wollte.
Alle diese Geschichten entbehren einer realen
Grundlage. In Wirklichkeit war Heinrich III. bekannt als frommer
Christ und ein sehr gerechter und wohltätiger Regent. Von der
Anklage der Ketzerei, unter die ihn der berüchtigte Inquisitor
Pater Conrad von Marburg stellte, wurde er vom Fürstentag in
Frankfurt/Main 1239 einstimmig freigesprochen. Einen Sohn hat
Heinrich III. nie gehabt. Seine einzige Tochter, die ihn
überlebte, ist im Standbild mit dargestellt.
zurück